Wildbiene, NABU / S.F.Freuden

Hintergrund

  • Das renommierte Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlichte im Oktober 2017 dieStudie „More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas“. Diese bestätigt erstmals anhand einer umfassenden Langzeitstudie den Insektenschwund in Deutschland. Zahlreiche ehrenamtliche Entomologen haben zwischen 1989 und 2015 an über 60 Standorten wissenschaftliche Daten über die Vorkommen fliegender Insekten gewonnen (mit Malaisefallen – durch diese Methode werden die Insekten in Alkohol getötet und direkt konserviert).
    Die Ergebnisse sind eindeutig und erschreckend.
  • Durch die Untersuchungen konnten zusätzliche potentielle Ursachen in die Bewertung des Datenbestandes aufgenommen werden. So wurden die täglichen Klimadaten von 1989 bis 2016 von über 160 Wetterstationen im Umfeld der Standorte sowie Luftbilder und Vegetationsaufnahmen der Biotope während der jeweiligen Untersuchungsperioden ausgewertet. Weder die Klimadaten, noch Änderungen der Biotopmerkmale konnten nach der statistischen Bewertung den größten Teil der Verluste erklären. Weitere potentielle Einflussfaktoren, wie zum Beispiel die Belastung durch Pestizide aus direkt umliegender Agrarnutzung, konnten mangels verfügbarer Daten leider nicht berücksichtigt werden.
  • Durch die Studie konnte nicht abschließend geklärt werden, wie groß der Einfluss durch die intensive Landwirtschaft auf den Zustand der Insektenwelt tatsächlich ist. Ein Hinweis, dass die Wahrscheinlichkeit hierfür sehr groß ist, liefert uns die Studie aber dennoch. Bei den Untersuchungsflächen weisen nämlich 90 Prozent der Standorte im Umfeld intensive Landwirtschaft auf. Damit sind diese Standorte ganz typisch für Schutzgebiete der heutigen Kulturlandschaft Deutschlands. Bei den untersuchten Flächen handelt es sich also um „Naturschutzinseln“, die durch umliegende intensive Landwirtschaftsflächen eingekesselt sind. 
Tagpfauenauge, NABU / Archiv

Gefahren und Herausforderungen

  • In Deutschland sind – einer Auswertung aktueller Roter Listen zufolge – bereits über 41 Prozent der Schmetterlinge ausgestorben oder bestandsgefährdet. Bei Wildbienen sind heute deutschlandweit mehr als die Hälfte der 561 Arten in ihrem Bestand bedroht, mit steigender Tendenz.
  • Insbesondere der Einsatz von hochwirksamen Insektiziden wie Neonicotinoiden (der weltweit am häufigsten verwendeten Insektizidklasse) wirkt nicht nur gegen landwirtschaftliche Schädlinge, sondern auch auf sogenannte „Nichtziel-Organismen“ wie Wild- und Honigbienen. Die Auswirkungen können entweder sofort eintreten und zum Tod der Insekten führen oder sich erst im Lauf der Zeit bemerkbar machen, beispielsweise über Orientierungslosigkeit, Vernachlässigung der Brut oder Verminderung der Fitness – was letztlich auch den Tod zur Folge hat. Anzunehmen ist, dass sich die Gifte auf alle Lebensräume, auch auf Gewässer, auswirken. Darüber hinaus gehen durch den Einsatz von Herbiziden Ackerwildkräuter verloren. Dadurch schrumpfen Nistmöglichkeiten und Nahrungsquellen. Ein weiteres gravierendes Beispiel ist das Totalherbizid Glyphosat: Weltweit ist es das am häufigsten angewendete Herbizid, in Deutschland werden 40 Prozent der Fläche mit diesem Ackergift behandelt.
  • Denn vor allem die Veränderung der Land­wirtschaft hat in den vergangenen 60 Jahren dazu beigetragen, dass heute unzählige Insektenarten gefährdet sind: Einerseits durch den Verlust von Lebensraum für die Tiere, andererseits durch den starken Einsatz von Pestiziden. Insekten sterben dabei achtmal schneller aus als Säugetiere, Vögel und Reptilien.
  • Laut eines wissenschaftlichen Artikels der Zeitschrift „Biological Conversation“ ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Masse der Insekten jährlich um 2,5 Prozent zurückgegangen. Der Artikel nimmt Bezug auf 73 Studien.
Baumweißling, NABU / R.Jürgens
Insektenhotel, NABU / T.Sauer

NABU-Forderung

  • Zentrale Forderung ist hier der Umbau der agrar­politischen Maßnahmen, die einen naturnahen oder gar ökologischen Landbau unterstützen. Im Fokus ist hier die Subventionspolitik der EU.
  • Das Schaffen von Lebensräumen für Insekten steht damit im Mittelpunkt.
Illustration: S. Gendera
NABU | 2.3 Insektenschutz
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