Steffi Gendera, Greeneducation4all

Hintergründe

Ein Großteil unserer heutigen Gebäudebrüter nistete früher an Felsen. Durch den vermehrten Bau größerer Gebäude boten sich Felsbrütern neue Lebensräume. Schon in der Antike waren Rauchschwalben in Griechenland und Italien weit verbreitet, wo sie etwa in der Akropolis, in Amphitheatern und an Aquädukten brüteten. Felsbrüter aus dem westasiatisch-mediterranen Raum und aus Osteuropa konnten sich mit Beginn der Besiedlung in Mitteleuropa etablieren, das zuvor zum Großteil bewaldet gewesen war und diesen Arten keine Nistplätze geboten hatte. Ausnahmen bildeten Mauersegler und Dohlen, die damals noch an uralten Baumriesen Brutplätze fanden.

Im heutigen Bayern sind einige Vogelarten so gut wie vollständig auf Gebäude als Brutplätze angewiesen. Dazu gehören Mauer- oder Alpensegler, Rauch-, Mehl- und Felsenschwalbe, Haus- und Feldsperling. Auch viele andere Arten wie Turmfalken, Dohlen und sogar Fledermäuse nutzen teilweise Gebäude zum Brüten. Wanderfalken und Gänsesäger wurden vermehrt beim Nisten an oder in Gebäuden beobachtet. Der LBV schützt diese Arten und deren Brut- und Lebensräume in Bayern.

Herausforderungen

Viele Gebäudebrüter sind in Bezug auf ihren Brutplatzort stark spezialisiert und auf menschliche Siedlungen angewiesen. Häuser und andere Gebäude stellen für sie die einzige Möglichkeit dar, einen Brutplatz oder ein Quartier zu finden. Diese Tierarten sind meist ortstreu, das heißt sie nutzen ihr Quartier oder ihren Nistplatz über viele Jahre hinweg. Bei Sanierungen, Umbau oder Abbruch verlieren diese Vögel ihr Quartier, ihre Brut und nicht selten ihr Leben. 

Der Lebensraum Stadt befindet sich im Umbruch. Neubauten mit fugenlosen Putz-, Glas- oder Metallfassaden bieten den Vögeln keine „Mitwohngelegenheiten“ mehr. Durch Verdichtung und Modernisierung sind zudem die Nahrungshabitate gefährdet. Dieser Verlust von Lebensraum und Nahrungsquellen ist so gravierend, dass seit 2016 sogar der ehemalige „Allerweltsvogel“ Haussperling auf der Vorwarnliste der Roten Liste steht.

DIE HÄUFIGSTEN GEBÄUDEBRÜTER SIND:

Leistungen und Erfolge

Der Konflikt zwischen Stadtwachstum, klimagerechtem Bauen und Artenschutz kann gelöst werden. Seit 2005 arbeitet der LBV in München mit dem Projekt „Artenschutz an Gebäuden“ erfolgreich gegen den Bestandsrückgang bei Gebäudebrütern. Deren Charakteristika und Ansprüche an den Lebensraum stehen hier im Mittelpunkt. 

Von 2016 bis 2022 wurde wird die Schutzarbeit mit dem Projekt „Der Spatz als Botschafter der Stadtnatur“ auf ganz Bayern ausgedehnt. Ziel ist es, bayernweit den Rückgang stadttypischer Vogelarten aufzuhalten und den Schutz von Mauersegler, Schwalben und allen anderen Gebäudebrütern voranzutreiben – für grünere und lebens­werte Städte. 

Bereits seit über zehn Jahren sammelt der LBV Daten zu den Standorten der Brutplätze. Diese werden dem Landesamt für Umwelt (LfU), den Fledermauskoordinationsstellen und den für die Umsetzung des Natur- und Artenschutzes zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt. Die Standorte erfassen sowohl Ehrenamtliche des LBV als auch Bürger*innen. Da vielen Menschen die tierischen Untermieter gar nicht auffallen, kann dies fatale oder gar tödliche Folgen haben, wenn ein Gebäude saniert oder abgerissen wird. Deswegen berät der LBV Bürger*innen, Kommunen und Gemeinden, aber auch Architekturbüros bei der Planung von Sanierungen im Bereich von Gebäudebrüterquartieren oder bei Konflikten im Zusammenleben mit den Gebäudebrütern.

Der Spatz als Botschafter der Stadtnatur. (LBV / Max Kugler)
Turmfalke im Anflug auf seinen Nistplatz. (LBV / Zdenek Tunka)

SCHON GEWUSST?  

Bei der bundesweiten Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ von LBV und NABU können sich Menschen bewerben, die Schwalben an ihrem Haus willkommen heißen. Dieses Engagement wird mit einer Plakette belohnt, um auch andere Menschen auf gebäudebrütende Arten aufmerksam zu machen.
Bewerbung unter: https://www.lbv.de/ratgeber/lebensraum-haus/voegel-am-haus/schwalben/schwalbenfreundliches-haus/

Gebäudebrütende Wildvogelarten und Fledermäuse gehören zu den besonders bzw. streng geschützten Arten und genießen den Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Unter Schutz stehen nicht nur die Tiere selbst, sondern auch ihre Nist- und Zufluchtsstätten an Gebäuden wie zum Beispiel Schwalbennester. Die Tiere und ihre Quartiere sind ganzjährig geschützt, das heißt auch dann, wenn die Tiere jahreszeitlich bedingt nicht anwesend sind. Die Zerstörung der Quartiere oder Veränderungen daran sind zu jeder Jahreszeit untersagt. Den Tieren darf beispielsweise auch der Zugang zu ihren Nist- und Schlafplätzen durch Staubnetze oder Baugerüste nicht versperrt werden. Der Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes bezieht sich also nicht nur auf die Natur im klassischen Sinne, sondern auch auf Gebäude, wenn sie der natürlichen Lebensstätte entsprechen.

LBV / Ralph Sturm
LBV | 2.4 Siedlungsraum
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