Fotoaktion in Kiel zur NABU macht Meer-Tour, NABU / V.Gehrmann

Hintergrund

  • Plastik vergeht nicht, sondern kumuliert im Meer, interagiert mit anderen Belastungen: Klimawandel, Überfischung, Lebensraumverlust – Plastik ist damit mitverantwortlich für den weltweiten Artenverlust (IPBES 2019).

Gefahren und Herausforderungen

  • Mehr als zehn Millionen Tonnen Kunststoffabfälle gelangen jedes Jahr allein vom Land in die Weltmeere. Das ist eine LKW-Ladung pro Minute. Seevögel fressen Plastik und bauen ihre Nester daraus, Schildkröten und Delfine verfangen sich in altem Tauwerk oder Netzresten und eine Armada aus Mikroplastik flutet das marine Nahrungsnetz. Viele Meerestiere verwechseln Plastik mit ihrer natürlichen Nahrung (Meeresschildkröte verwechselt Tüte mit einer Qualle, Eissturmvogel verwechselt Feuerzeug mit einem Tintenfisch).
  • Ändern wir nichts an unserem Verhalten, könnte sich diese Menge bis ins Jahr 2025 verzehnfachen, so die düstere Prognose der Wissenschaft (Science 2015). Die Reste unserer Wegwerfgesellschaft kosten Millionen von Meerestieren das Leben. Denn im Meer hat Plastik eine Haltbarkeit von bis zu 450 Jahren.
  • Weltweit sterben Jahr für Jahr eine Million Seevögel und bis zu 135.000 Meeressäugetiere an den tödlichen Folgen von Plastik.
  • Es gibt wissenschaftliche Nachweise für 817 Arten, die mit Plastik im Meer „interagieren“, alle 7 Arten der Meeresschildkröten und die Hälfte aller Wale und Delfine gehören dazu.
  • Zudem haben Kunststoffpartikel die Eigenschaft, im Wasser gelöste Umweltgifte wie das Insektizid DDT oder Polychlorierte Biphenyle (PCB) auf ihrer Oberfläche zu akkumulieren. Sie ziehen die Schadstoffe an wie ein Magnet. Bis zu 18.000 Plastikteile schwimmen nach Schätzungen der UN-Umweltprogramme (UNEP) auf jedem Quadratkilometer Wasseroberfläche. In manchen Regionen findet sich sechsmal mehr Plastik im Wasser als Plankton – eine tödliche Gefahr für die faszinierende Artenvielfalt der Ozeane! Was wir sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs: Lediglich 1 Prozent des Meeresmülls treibt an der Wasseroberfläche, 94 Prozent landen auf dem Meeresgrund und weitere 5 Prozent erreichen irgendwann die Küsten.
  • Auch die Nord- und Ostsee sind davon betroffen. An Fehmarns Stränden finden sich auf 100 Meter Küste durchschnittlich 70 Müllteile unterschiedlichster Größe, an der Wattenmeerküste Deutschlands und der Niederlande sind es fast 390 Teile, bis zu 90 Prozent aus Kunststoff. Wissenschaftler schätzen, dass allein am Grund der Nordsee mehr als 600.000 Kubikmeter Müll lagern. Eine Menge, die den Kölner Dom 1,5 mal füllen könnte. Fast alle tot gefundenen Eissturmvögel an der Nordseeküste haben Plastik im Magen. Und der Plastikstrom versiegt nicht. Es ist höchste Zeit zu handeln!
Vogel im Müllnetz, NABU / J.Bear

NABU-Aktivitäten

  • Um dem Müllproblem vor unserer eigenen Haustür etwas entgegenzusetzen, hat der NABU im Jahr 2010 das Projekt „Meere ohne Plastik“ gestartet. Darin erarbeitet der NABU Informationsmaterialien für und mit Fischern (Projekt www.fishing-for-litter.de) und Wassersportlern (Projekt www.gewaesserretter.de). Wir organisieren Reinigungsaktionen an Stränden und Flussufern und unterstützten das Umweltmonitoring an der Nord- und Ostseeküste.
  • Fishing for Litter gibt es heute in 16 Häfen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. 160 beteiligte Fischer holen jedes Jahr mehr als 10 Tonnen Müll aus Nord- und Ostsee.
  • In Politik und Wirtschaft setzt der NABU sich aktiv für eine bessere Abfallentsorgung in Häfen ein und entwickelt gemeinsam mit Küstenkommunen Maßnahmen, die den Eintrag von Müll ins Meer verhindern sollen. Denn nur so können wir die Müllkippe Meer verhindern – wenn wir Abfälle vermeiden, Ressourcen schonen und unsere Produktlandschaft auf Mehrweg und Langlebigkeit ausrichten. 
  • Die Politik meint häufig, dass Müll im Meer allein Problem und Aufgabe der Entwicklungsländer ist. Richtig: dort kommt der meiste Müll (>60 Prozent) her. Falsch: denn Europa produziert jedes Jahr 60 Mio t Kunststoffe, ist Konsumtreiber und exportiert Millionen Tonnen Abfälle genau in diese Länder – daher die große Verantwortung Deutschlands und der Industrie.
  • Der NABU arbeitet auch mit verschiedenen privat­wirtschaftlichen Partnern zusammen. So unterstützte zum Beispiel Veolia Aktivitäten des NABU auf Fehmarn. Im Projekt Mehrweg fürs Meer baut der NABU ein Mehrwegsystem in der Strandgastronomie auf. Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland unterstützte einige Jahre die Aufarbeitung gefischter Abfälle aus dem NABU-Projekt Fishing for Litter in Zusammenarbeit mit der Hochschule Magdeburg-Stendal.
Illustration: S. Gendera
NABU | 4.1 Meere ohne Plastik
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