NABU / H.Anders

Hintergrund

  • Seit 19 Jahren leben wieder Wölfe in Deutschlands freier Wildbahn. Was vor einigen Jahren noch als Sensation gefeiert wurde, hat sich vielerorts zur Normalität entwickelt. In den östlichen Teilen Deutschlands leben über 60 Wolfsfamilien – für Anwohner, Viehhalter und Touristen sind die neuen Nachbarn vielerorts zur Normalität geworden. Der Weg zu dieser Koexistenz war und ist alles andere als konfliktfrei.
  • Das Nahrungsspektrum der Wölfe erstreckt sich – je nach Angebot – von Reh, Hirsch und Wildschwein über Hasen bis zu Kleinsäugern. Wenn keine der erprobten Herdenschutzmaßnahmen eingesetzt werden, reißen Wölfe auch Nutztiere. Z.B. sind ungeschützte Schafe und Ziegen eine einfache Beute für den Wolf.

Bedeutung des Wolfes

  • Das Töten kranker, schwacher, alter sowie unerfahrener Wildtiere ist für Wölfe tendenziell mit weniger Energieaufwand verbunden und deutlich ungefährlicher als die Jagd auf schnelle, wachsame und wehrhafte Rehe, Hirsche oder Wildschweine (auch wenn gesunde Tiere bei Gelegenheit gerissen werden). Fachleute sprechen daher von Wölfen als der „Gesundheitspolizei“ des Waldes, denn durch diese Auswahl können sie einen positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand der Beutetierpopulationen ausüben. Die Rückkehr der Wölfe schließt somit eine Lücke in unserem Ökosystem, denn große Beutegreifer sind ein wichtiger Bestandteil der natürlichen Wechselbeziehungen in der Landschaft.
Wolfswelpe, NABU / H.Anders
Timberwolf, NABU / C.Bosch

Gefahren und Herausforderungen

  • Leider kommt es immer wieder vor, dass Schafe oder andere Nutztiere von Wölfen gerissen werden. Wildtiere wie der Wolf müssen Energie sparen. Daher bevorzugen sie stets Nahrung, die für sie am leichtesten zu erreichen ist. Stoßen sie zum Beispiel auf ungeschützte Schafe, die leichter zu erbeuten sind als Hirsche, nutzen sie gern diese Gelegenheit. Und genau hier setzen sogenannte Herdenschutzmaßnahmen an: Mit wolfsabweisenden Elektrozäunen oder Herdenschutzhunden wird es für Wölfe sehr schwer und unattraktiv, Schafe und andere Weidetiere zu erbeuten. Einen hundertprozentigen Schutz kann es jedoch leider nicht geben. In der Lausitz z.B. haben Schäfer dennoch Herdenschutzmaßnahmen erfolgreich erprobt und eingesetzt. Sie bekommen dabei finanzielle Unterstützung von den Landesregierungen. Sollten Wölfe trotz Schutzmaßnahmen oder in neu besiedelten Gebieten Schäden an Nutztieren verursachen, bekommen Landwirte nach den jeweiligen Wolfsmanagementplänen der Länder einen Schadensausgleich.
  • Es kann vorkommen, dass Wölfe mehr Weidetiere reißen, als sie fressen können. Das ist ein schlimmer Anblick für die Halter und der Eindruck kann entstehen, der Wolf habe ihre Schafe aus reinem Spaß getötet. Aus biologischer Sicht stellt sich die Situation jedoch anders da, die Rede ist vom sogenannten Beuteschlag-Reflex. In der freien Wildbahn ist es ein Wolf gewohnt, dass die Beutetiere in alle Richtungen fliehen können. Auf einer Weide verhindert der Zaun dies jedoch, die Beutetiere ändern abrupt die Richtung, was immer wieder beim Wolf den Reflex zur Jagd ausübt, auch wenn er schon ein Tier erlegt hat. Da der Wolf auch Aas frisst, würde er wieder kommen, um die toten Tiere nach und nach zu fressen. Zum Glück ist dieser Fall eher die Ausnahme. Auch hier ist guter Herdenschutz die einzige Möglichkeit, die Tiere zu schützen.
NABU /K.Gerber

Lösungen und Schutzmaßnahmen

  • Der Wolf ist nach deutschem und europäischem Recht streng geschützt. Deutschland hat sich als Unterzeichner der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Wölfe langfristig einen lebensfähigen Bestand aufbauen können. In der FFH-Richtlinie sind zudem das Monitoring und die Berichtspflichten über Schutzmaßnahmen und Erhaltungszustand der Wolfspopulation gegenüber der Europäischen Kommission festgeschrieben. Wölfe sind darüber hinaus im gesamten Bundesgebiet durch das Bundesnaturschutzgesetz (vgl. BNatSchG § 44) streng geschützt.
  • Wölfe sind eine Herausforderung für Weidetierhalter in Deutschland, die es lange Zeit nicht mehr gewohnt waren, ihre Tiere gegen wilde Beutegreifer schützen zu müssen. Die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen durch die Länder ist wichtig, um die Akzeptanz für Wölfe zu erhalten. Doch ebenso wichtig ist es, die Schäferei generell zu unterstützen: Schäferbetriebe werden durch die GAP (Gemeinsame Agrarpolitik der EU) wenig subventioniert im Vergleich zu anderen Landwirten. Der Wolf kommt hier als Tropfen dazu, der das eh schon volle Fass mancherorts zum Überlaufen bringt. Deshalb setzt sich der NABU zusammen mit anderen Verbänden für eine Stärkung der artgerechten Weidetierhaltung ein. Viele Naturschutzflächen können in ihrer Vielfalt nur durch Beweidung erhalten werden.
Herdenhunde als Schutz vor Wölfen, NABU / S.Hennigs

NABU-Aktivitäten

  • Der NABU hat die Rückkehr der Wölfe von Anfang an begleitet – dabei wurde eines klar: Die Frage, ob Wölfe dauerhaft nach Deutschland zurückkehren können, ist keine Frage von Biologie und Ökologie. Auch in unseren Landschaften gibt es ausreichend Regionen, in denen Wölfe Nahrung finden und ihre Jungen großziehen können. Wenn wir ihnen zwischen der Ostsee und den Alpen eine dauerhafte Überlebenschance geben wollen, dann müssen wir uns um die Menschen mit ihren Vorurteilen, Sorgen und Ängsten kümmern. Das ist das Ziel der NABU-Wolfsarbeit, die den Schwerpunkt vor allem auf Information setzt.
  • Der NABU setzt sich für ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben von Mensch, Wolf und Weidetier ein. Hierfür bedarf es der Information für Betroffene vor Ort, aber auch der Politik. Hier sehen wir die Stellschraube für den Aufrechterhalt des strengen Schutzstatus des Wolfes, und zugleich der Unterstützung der Weidetierhaltung.
NABU / Rottmann
NABU / Archiv
Illustration: S. Gendera
NABU | 2.5 Wolfsschutz
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