Renaturierung an der Havel, NABU / K.Karkow

Hintergrund

  • Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist das Herzstück des Gewässerschutzes in Europa. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft haben sie schon im Jahr 2000 verabschiedet und sind für ihre Umsetzung verantwortlich. Die WRRL zielt darauf ab, unsere Flüsse, Seen und Küstengewässer mit ihrer Vielfalt an Tieren und Pflanzen und ihren dynamischen Prozessen sowie unser Grundwasser zu schützen, wiederherzustellen und nachhaltig zu nutzen.
  • Die WRRL steht derzeit in der politischen Diskussion und droht geschwächt zu werden. Um dem entgegenzuwirken, haben sich auf europäischer Ebene im Jahr 2017 fünf Umweltverbände zur „Living Rivers Europe“-Koalition zusammengeschlossen: das Europäische Umweltbüro (European Environmental Bureau, kurz EEB), das Europäische Umweltbüro des WWF, der internationale Verband zum Schutz von Feuchtgebieten (Wetlands International), das europäische Flussnetzwerk (European Rivers Network) und der europäische Anglerverband (European Anglers Alliance). Gut
    100 Umweltorganisationen in ganz Europa unterstützen mittlerweile die Ziele der „Living Rivers Europe“-Koalition. Auch der NABU ist dabei und als Mitglied des EEB in alle Aktivitäten des neuen Netzwerkes eingebunden.

Gefahren und Herausforderungen

  • Beispiel Grundwasser: bei der Bewertung des Grundwasserzustands nach EU-Wasserrahmen­richtlinie/GWRL sind 27,1 Prozent der 1.200 deutschen Grundwasserkörper wegen der Überschreitung des Schwellenwertes von 50 mg Nitrat je Liter in einem schlechten chemischen Zustand. Die Einträge kommen maßgeblich aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.
  • Die Trinkwasseraufbereitung wird zu circa 60 Prozent aus dem Grundwasser gespeist. Das Umweltbundesamt hat eine Studie zur Quantifizierung der landwirtschaftlich verursachten Kosten zur Sicherung der Trinkwasserbereitstellung veröffentlicht. Dort werden Preissteigerungen für die Trinkwasserkundinnen und -kunden von 32 bis zu 45 Prozent in belasteten Gebieten berechnet.
  • Beispiel Fließgewässer: Flüsse sind ständig in Bewegung. Sie gehören zu den dynamischsten Lebensräumen der Erde. Die gestalterische Kraft des Wassers, die die Ufer der Gewässer beständig verändert, schafft die Basis dafür, dass sich auf kleiner Fläche eine große Vielzahl von Lebensräumen bilden kann. Flüsse, Bäche und ihre Auen nehmen zwar nur wenige Prozent der Landfläche in Anspruch, sie beherbergen im naturnahen Zustand aber weit mehr als ein Zehntel der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und gelten als die produktivsten Lebensräume Mitteleuropas.
  • Fließgewässer leiden massiv unter „Arteriosklerose“: Begradigungen und Uferverbauungen haben ihren Lauf eingeengt und degradierten sie vielfach zu Kanälen. In den 1980er Jahren machten Schaumberge auf der Wasseroberfläche den katastrophalen Zustand unserer Gewässer noch augenscheinlicher. Die moderne Klärtechnik konnte die Belastungen mit Nährstoffen (Stickstoff und Phosphat) und organischen Belastungen reduzieren. Doch für viele andere Stoffe (Mikroschadstoffe, Arzneimittel, Mikroplastik) gibt es noch keine oder nur sehr teure technischen Lösungen. Der NABU setzt sich deshalb für eine konsequente Anwendung des Vorsorge- und Verursachserprinzips ein.
Havel in Arbeit, NABU / V.Gehrmann

Lösungen und Schutzmaßnahmen

  • Verschiedene Renaturierungsprojekte zeigten in den vergangenen Jahrzehnten sehr gut, wie schnell sich die geschundenen Fließgewässer- und Auen-Lebensräume erholen könnten, wenn wir ihnen das zurückgeben würden, was sie zum Lebendigsein brauchen: Raum und die gestalterische Kraft des fließenden Wassers!

NABU-Aktivitäten

  • Durch NABU-Aktive wurden bereits einige illegale Einträge von Nitrat (in Form von Gülle) aufgedeckt und zur Anzeige gebracht.
  • Der NABU hat es durch beharrliche Lobbyarbeit geschafft, dass die Bundesregierung ein Bundesprogramm Blaues Band entwickelt hat. Mit dem Programm sollen große Flüsse (Bundeswasserstraßen) und ihre Auen ökologisch entwickelt werden. Das Bundesverkehrsministerium hat jährlich 50 Mio. Euro ab 2020 für das Programm eingeplant. Ein kleinerer Betrag von ca. 4 Mio Euro wird auf Antrag über das Bundesamt für Naturschutz im Förderprogramm Auen an Verbände und Kommunen vergeben. 
  • Seit über 30 Jahren ruft die US-Umweltorganisation Ocean Conservancy zur größten freiwilligen Meeresschutzaktion auf – dem International Coastal Cleanup Day (ICC). Im vergangenen Jahr sammelten über eine halbe Million Menschen aus 112 Ländern mehr als 8.346 Tonnen Abfälle von Stränden, aus dem Meer, aber auch aus Flüssen und Seen. Seit 2010 ist auch der NABU beim Küstenputz dabei. Koordinierte Sammelaktionen helfen, unsere Natur von gefährlichen Abfällen zu befreien, und liefern wichtige Informationen über das Ausmaß und die Herkunft des Mülls.
  • Der NABU hat ein eigeninitiiertes Renaturierungs­projekt, das vom Bundesamt für Naturschutz sowie den Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt gefördert wird: An der Unteren Havel werden durch den Rückbau von Deichen weitere 500 Hektar Überflutungsfläche zurückgeholt. Der Anschluss von Flutrinnen, die Absenkung von Uferverwallungen, der Rückbau von Uferbefestigungen und die Initialisierung von Auenwäldern tragen zur Verbesserung des Flussauenökosystems bei. Daneben entstehen tolle Landschaften, Feuchtbiotope und eine hohe Artenvielfalt. Außerdem wird das Fließwasser durch die natürliche Pufferwirkung der Böden gereinigt.
Müllreinungsaktion des NABU, NABU / V.Gehrmann
Müllreinungsaktion des NABU, NABU / V.Gehrmann
Illustration: S. Gendera
NABU | 1.6 Gewässerschutz
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