NABU / K.Büscher

Hintergrund

  • Tradition und das blühende Leben: Streuobstwiesen sind eine naturverträgliche Form des Obstbaus auf Hochstamm-Obstbäumen. Meist stehen Bäume mit verschiedenem Alter, verschiedenen Obstarten und verschiedenen Obstsorten gemischt in der Landschaft. Insgesamt gibt es in Deutschland mehr als 5.000 Tier- und Pflanzenarten sowie mehr als 5.000 Obstsorten in unseren Streuobstwiesen. Diese gelten daher als „Hot spot“ der Biologischen Vielfalt für ganz West- und Mitteleuropa. Wir haben damit für Schutz und Entwicklung dieses Lebensraumes ganz besondere Verantwortung in Deutschland.
  • Das krasse Gegenteil hierzu sind die Niederstamm- und teils auch Halbstamm-Plantagen: Dort wird in Monokulturen gleichaltriger Bäume, die meist nur 20, 30 oder höchstens 40 Jahre alt werden, intensiv gewirtschaftet: Insbesondere die deutschlandweit durchschnittlich über 30 Einsätze mit synthetischen Pestiziden in konventionellen Plantagen führen dazu, dass die biologische Vielfalt in Plantagen sehr viel niedriger ist als in Streuobstwiesen – ganz zu schweigen von Aspekten des Gesundheitsschutzes. 
  • Ein Sonderfall ist die Umwandlung in Bio-Obst­plantagen: Die Umstellung auf Bio bringt sonst eine deutliche Verbesserung für die Lebensbedingungen von Feldlerchen oder Regenwürmern, Laufkäfern oder Säugetieren mit sich. Aber bei Obstplantagen werden diese mit den weniger scharfen biologischen Mitteln noch häufiger gespritzt, was mit Bodenverdichtung, Lärm und Luftverschmutzung einhergeht. Beim Obst also ist Streuobst von Hochstamm-Obstbäumen ganz klar erste Wahl!
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Gefahren und Herausforderungen

  • Einige wenige Bestände in Franken, Südbaden, Sachsen-Anhalt und dem südlichen Brandenburg gibt es bis heute als Streuobstäcker: Hochstamm-Obstbäume, die im Getreide- oder Kartoffelacker stehen und beispielsweise für seltene Vogelarten wie den Ortolan von Bedeutung sind. 
  • Heute sind Rodungen für neue Baugebiete sowie die eher schleichende Umwandlung in Garten- und Wochenendgrundstücke mit englischem Rasen, Nadelbäumen und intensiver Nutzung die größte direkte Gefahr für Streuobstbestände.

Lösungen und Schutzmaßnahmen

  • Die Möglichkeiten, sich für den Erhalt dieser wertvollen Lebensräume einzusetzen, sind ungefähr so vielfältig wie die Obst- und Pflanzenarten, die auf einer Streuobstwiese wachsen. Dazu zählt die Pflanzung von Hochstämmen mit über 180 cm, möglichst über 200 cm Stammhöhe, die Pflege der Bäume, die Ernte der Äpfel, Birnen, Kirschen, Walnüsse und Zwetschgen sowie deren Verwertung zu vielfältigen leckeren Produkten vom Apfelsaft über Birnenschaumwein, eingemachten Kirschen, Walnussöl bis zu Zwetschgenmarmelade. 
  • In Bayern (mit dem Volksbegehren), Berlin, Brandenburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stehen Streuobstbestände landesweit unter Schutz. Wünschenswert wäre es, wenn dies in allen Bundesländern oder gleich im Bundesnaturschutzgesetz geregelt wäre!
  • Zum Erhalt der Vielfalt gehört auch das Anbringen von Nisthilfen für Steinkäuze, Nistkästen für Feldsperlinge, Halsbandschnäpper und Fledermäuse, Insektenhilfen für Insekten und bei frisch gepflanzten Beständen Greifvogelstützen.
Streuobstwiese des NABU Münster, Portraits von Karin Rietman, Projektleiterin Streuobstwiesenschutz beim NABU Münster, NABU / B.Schaller
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NABU-Aktivitäten

  • Viele NABU-Gruppen sind schon seit 20 oder 30 Jahren in der Aufpreis-Vermarktung von Streuobst aktiv: Die Bewirtschafter erhalten einen fairen Preis von möglichst 25 Euro je 100 kg Streuobstäpfel oder Streuobstbirnen, aus denen dann Getränke hergestellt werden. Dafür gibt es ein eigenes NABU-Qualitätszeichen für Streuobstprodukte. Der NABU zeigt an diesem Beispiel vorbildlich, dass und wie Kooperation von Naturschutz, Landwirtschaft und Wirtschaft umgesetzt wird.
  • Wichtig ist aber nicht nur die Nutzung der Bäume: Auch die „Unternutzung“, die Mahd oder Beweidung der Wiesen hat großen Einfluss auf das, was da summt und brummt, kreucht und fleucht. Dabei ist Vielfalt Trumpf: Für viele seltene Pflanzen und Insekten ist eine späte Mahd frühestens Mitte Juni von Bedeutung. Steinkäuze, Grün- und Grauspechte hingegen freuen sich darüber, wenn sie schon im Mai frisch gemähte Flächen vorfinden, um dort nach Mäusen oder Ameisen zu suchen. Wenig und nur organische Düngung ist zudem wichtig für die Vielfalt als Blumenwiese mit Wiesensalbei, Habichtskräutern und Wiesenbocksbart genauso wie eine insgesamt höchstens dreimalige Nutzung, sei dies als Mahd, als Mähweide oder in reiner Beweidung. Und für das Überleben von Heuschrecken, Blindschleichen und Amphibien ist es wichtig, mit Balkenmähern zu mähen und nicht mit Kreiselmähern. 
  • Deutschlandweit kann man sich in vielen hundert unterschiedlichen NABU-Gruppen über Aktionen und Termine rund um die Themen Streuobstbau und Obstsorten informieren. Diese finden sich unter www.Streuobst.de im Terminkalender.
  • Wo ist die nächste Mosterei, wo ist die nächste Brennerei, wo ich mein eigenes Obst zu eigenem Saft oder eigenem Obstbrand verarbeiten lassen kann? Wo ist die nächste Baumschule, bei der ich Hoch­stamm-Obstbäume kaufen kann? Welche Lesebücher für Kinder, Romane für Erwachsene, Bücher über Pflanzung und Pflege von Bäumen, Bestimmung von Obstsorten und Streuobst-Tagungsbände samt wissenschaftlichen Arbeiten gibt es? All dies und noch viel mehr an Service-Leistungen und Infos findet sich auf der NABU-Seite www.Streuobst.de samt den NABU-Dienstleistungen wie dem NABU-Streuobstmaterialversand und dem NABU-Streuobstrundbrief.
Illustration : S. Gendera
NABU | 1.2 Streuobstwiesenpflege
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