Rettung der Letzten ihrer ArtNaturschutz extrem

(LBV / Hansruedi Weyrich)

Hintergründe

Lange wurde dem Bartgeier nachgesagt, Vieh, Wild und selbst kleine Kinder davonzutragen und zu töten. So wurde er, auch bekannt als „Lämmergeier“, lange vom Menschen gefürchtet und schließlich gejagt. Das führte dazu, dass der Bartgeier zu Beginn des 20. Jahrhunderts im gesamten Alpenraum ausgerottet war.

Als reiner Aasfresser ernährt sich der Bartgeier ausschließlich von Knochen. Er besetzt eine wichtige Nische im Ökosystem Alpenraum. Dort verenden jährliche viele Tiere an Lawinenabgängen, Steinschlägen oder der winterlichen Kälte. Ihre Knochen und vor allem das nährstoffreiche Knochenmark dienen dem Bartgeier als Nahrung.

Mittlerweile gibt es in den Alpen wieder ein kleines Bartgeier-Vorkommen. Dies liegt an Wiederansiedlungen, die im Jahr 1986 in Österreich begonnen wurden und bis heute in mehreren Ländern Europas fortgeführt werden. Von 1986 bis 2022 wurden in den Alpen insgesamt 243 Jungvögel freigelassen, um einen Bestand zu etablieren, der ohne menschliches Zutun fortbestehen kann. Bereits 398 Junggeier sind seit der ersten erfolgreichen Brut 1997 wild geschlüpft. Die aufwändigen Auswilderungen sollen fortgeführt werden, bis die Bartgeierpopulation in den Alpen wieder groß und genetisch divers genug ist, um dauerhaft überleben zu können. Der Bestand im Alpenraum beträgt heute circa 300 Bartgeier, weltweit (Eurasien, Afrika) circa 1.300 bis 6.700 Individuen (Weltnaturschutzunion IUCN, 2016). 

Am 10. Juni 2021 brachte der LBV zusammen mit dem Nationalpark Berchtesgaden und dem Tiergarten Nürnberg den größten Greifvogel Mitteleuropas zurück nach Deutschland, um die Lücke zwischen den Ost- und Westalpen zu schließen. In den kommenden zehn Jahren werden weitere Jungvögel folgen.

Auf YouTube gibt es einen wunderbaren sechsminütigen Kurzfilm über die Auswilderung von Wally () und Bavaria, der sehr empfehlenswert ist.
Mehr Informationen: https://youtu.be/I67nBWPBWmc

Der Bartgeier ist ein Gigant. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern zählt er zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. Neben dem etwa gleich großen, aber deutlich schwereren Mönchsgeier ist er sogar der größte Greifvogel Europas und damit weit größer als der Steinadler.

Bartgeier sind, anders als man sich das vielleicht vorstellt, wunderschöne Vögel. Charakteristisch für ihr Erscheinungsbild sind der lange, keilförmige Schwanz und die orangerötlichen Brustfedern. Beide Merkmale grenzen den Geier deutlich vom Steinadler ab. Spannend ist auch, dass die meist orangerötlichen Gefiederpartien an Bauch, Brust und Nacken eigentlich weiß sind. Sie erhalten ihre Farbe, wenn die Tiere in eisenoxidhaltigem Schlamm baden.

Herausforderungen

Die Wiederansiedlung von Bartgeiern im Alpenraum ist langwierig und schwierig, unter anderem weil Bartgeier zwar bis zu 45 Jahre alt werden, jedoch erst in einem Alter von 5 bis 7 Jahren geschlechtsreif sind. Eine erfolgreiche erste Brut findet in den meisten Fällen erst im Alter von 8 bis 9 Jahren statt.

Als reiner Aasfresser ist der Bartgeier auf Kadaver angewiesen. Wurden diese mit bleihaltiger Munition oder gar Giftködern erlegt, droht auch dem Bartgeier die Vergiftung durch das im Kadaver enthaltene Gift. Die Verwendung von bleifreier Munition bei der Jagd ist daher einer der wichtigsten Schritte zum Schutz dieser und anderer Greifvögel in den Alpen. Weitere Todesarten sind Kollisionen mit Leitungen und Seilbahnkabeln sowie illegale Abschüsse.

Die beiden Projektleiter Toni Wegscheider (links) und David Schuhwerk (rechts) sind verantwortlich für das LBV-Bartgeierprojekt. (LBV / Hansruedi Weyrich)

Schutzmaßnahmen

Obwohl der Bartgeier in allen Staaten Europas geschützt ist, sind in Österreich mehrere Fälle von illegalem Abschuss nachgewiesen worden, wahrscheinlich mit einer gewissen Dunkelziffer.

Der LBV appelliert dringend an alle Jäger*innen in Bayern, auf bleifreie Munition umzusteigen. Einen ersten großen Schritt hin zu diesem Ziel stellt die Verwendung von ausschließlich bleifreier Büchsenmunition in allen bayerischen Staatswäldern seit April 2022 dar, zu der sich die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) verpflichtet haben. Dies gilt für alle Beschäftigten, Jagdgäste und andere*n Jäger*innen im Staatswald.

LBV | 3.4 Mutmacher Bartgeier
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