Milton arbeitet seit August letzten Jahres bei Wesser. Kunst macht er schon fast sein ganzes Leben lang und steht kurz vor dem Ende seines Kunststudiums. Im Interview hat er uns erzählt, welche Entwicklung seine Kunst gemacht hat, wohin die Reise gehen soll und welche Rolle Wesser dabei spielt.

Seit wann beschäftigst du dich intensiv mit der Kunst?

„Eigentlich beschäftige ich mich schon fast mein ganzes Leben mit Kunst. Ich bin in einer Künstlerfamilie aufgewachsen, meine Eltern tanzen beide Tango. Schon mit vier Jahren haben sie mich zum Kunstunterricht geschickt. Seitdem beschäftige ich mich dauerhaft mit der Kunst.“

Welche Art von Kunst machst du?

„Als ich klein war, habe ich mich mit Zeichnungen beschäftigt. Seit ich in Deutschland und in der Kunstakademie bin, waren es dann vor allem die Malerei, Bildhauerei und Keramik. Nebenbei aber auch Dinge wie Analog- und Digitalfotografie. An sich befasse ich mich aber mit allem möglichen, ich mag es verschiedene Medien zu kombinieren. Ich bezeichne mich nicht gerne als Maler oder Zeichner, sondern einfach als Künstler, weil mich einfach alles interessiert.“

Wie beurteilst du die Entwicklung deiner Kunst über die Jahre seit deiner Kindheit?

„Ich bin in Spanien aufgewachsen, meine Eltern kommen aus Argentinien. Spanien hat eine sehr konservative Art Kunst zu machen. Für den Anfang war das aber nicht unbedingt schlimm. Ich habe zu der Zeit sehr strikt das gezeichnet, was ich eben gesehen habe. Ich bin einmal in der Woche zu meinem Lehrer Leopoldo gegangen und er hat mir beigebracht meine Umgebung aus der Perspektive zu zeichnen, wie wir sie alle kennen. Das habe ich dann so praktiziert, bis ich ungefähr 14 war. Danach habe ich meinen Lehrer gewechselt und mich etwas mehr der Malerei gewidmet, trotzdem sehr strukturiert und klassisch. Orientiert haben wir uns damals an Künstlern wie Francisco de Goya oder Diego Velázquez. Ich habe mich also viel auf Figuren und Menschen konzentriert.

In der folgenden Zeit hatte ich wegen meines Umzugs nach Deutschland weniger Zeit für die Kunst. Ich musste arbeiten und mich um andere Dinge kümmern, wie Deutsch zu lernen. Die Zeit, die ich dann noch übrig hatte, habe ich genutzt um mit den Medien zu experimentieren die ich zur Verfügung hatte. Die Kunstakademie in Stuttgart, auf die ich dann gegangen bin, hat eine sehr besondere Art Kunst zu unterrichten. Die Philosophie ist, dass sie 32 Werkstätten zur Verfügung stellen und einem beibringen, wie verschiedene Techniken funktionieren. Wie und was man aber macht überlassen sie einem selbst. Ich war davon erst einmal sehr überrascht, es hat etwas gedauert, bis ich aus mir herausgehen konnte. Ich war es wie gesagt gewohnt sehr strikt Kunst zu machen und auf einmal hatte ich alle Freiheiten der Welt. Am Anfang habe ich mich nicht getraut so frei zu sein und habe erst mal alle möglichen Techniken gelernt. Der Knackpunkt war dann mein Auslandssemester in Kalifornien. Dort war die Lehre im Grunde das Gegenteil. Zum Beispiel haben wir Hausaufgaben bekommen. Lustigerweise habe ich gerade dadurch herausgefunden welche Kunst ich machen will und das war eigentlich der Grundstein für meine heutige Arbeit.“

Seit wann bist du bei Wesser?

„Ich habe 2023 im August angefangen.“

Warum hast du dich dafür entschieden bei Wesser zu arbeiten?

„Als ich aus den USA zurückkam, war ich um ehrlich zu sein ziemlich pleite. (lacht) Amerika ist ja nicht gerade billig, ich habe fast alles investiert, was ich hatte. Davor habe ich häufig bei Daimler gearbeitet. Im Grunde war das für mich sicheres Geld, aber ich hatte irgendwann einfach keine Lust mehr ein reiches Unternehmen noch reicher zu machen. Ich dachte mir, dass ich in meinem Leben schon so Vieles gelernt hatte und auch was anderes machen kann. Eine der Personen, die mir damals geholfen haben, als ich nach Deutschland kam, hat bei den Johannitern gearbeitet. Damals konnte ich mir noch gar nicht richtig vorstellen, was die Johanniter machen. Zuerst dachte ich, dass das nur ein Rettungsdienst ist, aber dann habe ich mehr und mehr unterschiedliche Sachen gesehen. Meine Familie hat schon sehr lang ein Projekt in Gambia, deshalb weiß ich wie es ist bei einem Hilfsprojekt mitzuwirken. Mich hat dann interessiert, wie eine so große Organisation arbeitet und ich wollte einige Arbeitserfahrungen zu sammeln. Als ich meinen Freund dazu befragt habe, hat er mir gleich gesagt, wenn ich die Grundsätze der Organisation kennenlernen will, fängt es immer bei der Finanzierung an, denn das kommt nicht alles von der Regierung. Für mich war es dann der logische Schritt bei Wesser anzufangen. Je mehr ich jetzt bei Wesser arbeite, desto mehr habe ich verstanden, wie alles läuft. Ich glaube ganz fest daran, dass es der beste Weg ist, so eine tolle Organisation wie die Johanniter am Leben zu halten.“

Hilft Wesser dir dabei, durch sein Modell, dich mehr der Kunst zu widmen?

„Das ist im Grunde auch eines der Argumente, die mich am meisten gecatcht haben, dass ich selbst sagen kann, ich möchte so und so viel arbeiten, ich habe so und so viel Zeit. Ich habe schon alle möglichen Jobs gemacht, und musste dann immer hier und dort nach dem Unterricht arbeiten, wodurch ich sehr viel Zeit verloren habe. Wesser hat mir ermöglicht so viel zu arbeiten, dass ich für mich genügend Geld zum Leben habe. Dadurch habe ich dann meine Zeiten, in denen ich komplett fokussiert sein kann. Das hat mir bisher noch kein anderer Job geboten. Ich habe nicht erwartet, dass in den Einsätzen so eine gute Atmosphäre herrscht. Ich habe viele coole Leute und neue Freunde kennengelernt. Dadurch dass man in den Einsätzen so nah mit seinen Kolleg*innen zusammenwohnt, fühlt sich das fast ein wenig wie Urlaub an. Es hilft mir dabei abzuschalten und frische Gedanken zu bekommen.“

Hast du Tipps für andere Newcomer?

„Ich selbst war am Anfang noch sehr introvertiert, als ich mit dem Job angefangen habe. Zu Leuten, die wegen ihres Akzents beim deutsch sprechen oder ähnlichem unsicher sind, kann ich sagen, dass sie nicht aufgeben sollen, wenn es am Anfang vielleicht nicht so gut läuft. Man braucht teilweise etwas Zeit, um aus sich herauszugehen und zu lernen, wie man auf die Menschen zugeht. Man kann generell sehr viel lernen, zum Beispiel offen zu sein oder mit den Leuten auf Augenhöhe zu sprechen. Es geht nicht nur um den Job, sondern auch um neue Bekanntschaften und neue Erfahrungen zu machen.“

Was hast du für deine berufliche und künstlerische Zukunft geplant?

„Also Projekte plane ich immer, die Frage ist nur, ob das dann auch so funktioniert, das passiert eigentlich fast nie. (lacht) Ansonsten habe ich meine Zukunft nicht durchgeplant, ich lasse das meiste eher laufen, wie es kommt. Mir sind aufgrund meines Studiums sehr viele verschiedene Möglichkeiten und Wege offen. Zum Beispiel hätte ich bereits die Möglichkeit in Wien und in den USA an einer Akademie zu lehren. Über eine Galerie habe ich auch Kontakte nach New York, Buenos Aires und Berlin. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich machen werde. Mein Plan jetzt gerade ist es auf jeden Fall weiter bei Wesser zu arbeiten, was mir ermöglichen wird eine Auszeit nach dem Studium zu nehmen und nicht so schnell darauf angewiesen zu sein meine Kunst auf dem Kunstmarkt zu verkaufen. Ich möchte dann gerne noch ein bisschen reisen und etwas Neues tun. Mein Traum für die Zukunft wäre es eine eigene Kunstakademie zu eröffnen. Ich weiß noch nicht genau wo aber am liebsten irgendwo in Lateinamerika. Ich habe jetzt schon viele Menschen kennengelernt, die mir dabei helfen könnten. Ansonsten steht noch alles offen, ich bin ja auch deshalb Künstler geworden, damit ich eben niemandem etwas schulde und mein eigener Chef bin.“

Interview mit Milton Homann